Handelskammer Bozen
Wein

Geschäftsklima der Landwirte

Milchbauern und Winzer besorgt, Obstbauern zuversichtlicher

Data: 
Mittwoch, 05. Mai 2021
Uhrzeit: 

Die vom WIFO − Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen durchgeführte Erhebung des Geschäftsklimas der Südtiroler Landwirte zeigt deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen. Der Milch- und vor allem der Weinsektor sind vom Nachfragerückgang bei Touristen und im Gastgewerbe betroffen. Tatsächlich rechnet heuer mehr als die Hälfte der Winzer/innen mit unbefriedigenden Auszahlungspreisen. Auf der anderen Seite sind die Obstbäuer/innen relativ zuversichtlich, auch dank der positiven Entwicklung der Apfelpreise. In dieser Branche bereitet jedoch der Frost von Ende März und Anfang April Sorgen um die Ernte.

Vier von fünf Südtiroler Landwirten sind mit den Erzeugerpreisen, die von den Genossenschaften im Jahr 2020 gezahlt wurden, insgesamt zufrieden. Die Erwartungen für 2021 sind leider von mehreren negativen Faktoren beeinflusst. Die Ernte im vergangenen Herbst war sowohl bei Äpfeln als auch bei Trauben geringer als im Vorjahr. Darüber hinaus wirkt sich die Pandemie auf die landwirtschaftlichen Betriebe aus, indem sie Schwierigkeiten bei der Suche nach ausländischen Arbeitskräften verursacht. Insgesamt befürchtet ein Viertel der befragten Landwirte, dass die von den Genossenschaften gewährleisteten Erzeugerpreise aufgrund der Marktlage heuer nicht zufriedenstellend sein werden. Außerdem wird erwartet, dass auch der Umsatz mit Produkten, die von den Landwirten selbst verkauft werden, aufgrund der Tourismuskrise zurückgehen wird.

Auszahlungspreise

Im Weinsektor sind die Bewertungen zu den Erzeugerpreisen, die von den Kellereien im Jahr 2020 bezahlt wurden, sehr unterschiedlich. Mehr als ein Drittel der Winzer/innen bewertet sie als „gut“ und ebenso viele als „zufriedenstellend“, fast ein Drittel berichtet aber von unzureichenden Auszahlungen. Um die Weinpreise im Jahr 2021 zu stützen, haben die Kellereien die Erntemengen im vergangenen Herbst reduziert und die Vermarktungssaison verschoben. Die geringere Nachfrage aus dem Bereich HO.RE.CA. (Hotels, Restaurants und Cafés) wird aber trotzdem zu erheblichen Umsatzeinbußen führen. Daher glaubt mehr als die Hälfte der Winzer/innen, dass die Auszahlungspreise heuer unbefriedigend sein werden. Auch für Wein, der von den Erzeugern selbst vermarktet wird, wird ein Rückgang der Verkaufspreise erwartet.

Im Milchsektor sind die Bewertungen der Bäuer/innen bezüglich der im Jahr 2020 erhaltenen Auszahlungen eher positiv. Das Produktionsniveau entsprach dem des Vorjahres und lag bei über 400.000 Tonnen, während die Erzeugerpreise fast immer (zumindest) befriedigend waren. Die Pandemie führte jedoch zu einem Rückgang der Verkaufsmengen und einer Abschwächung des Milchpreises auf dem italienischen Markt. Auch die Südtiroler Sennereien, die sich auf die Herstellung von Joghurt und Frischprodukten spezialisiert haben, waren gezwungen, einen Teil ihrer überschüssigen Milchlieferungen auf dem Markt zu verkaufen. In Hinsicht auf das laufende Jahr hat sich das Geschäftsklima deutlich verschlechtert: 39 Prozent der Milchbäuer/innen befürchten, dass die Auszahlungspreise heuer schlecht ausfallen werden.

In der Obstwirtschaft war die Apfelernte in Südtirol im vergangenen Herbst mit knapp 900.000 Tonnen um 7,9 Prozent geringer als im Vorjahr. Zu Produktionsrückgängen kam es aber auch in anderen Erzeugerländern, wie Spanien und Frankreich, was zur Steigerung der Apfelpreise auf dem europäischen Markt beiträgt. Anfang April waren die Bestände nur geringfügig höher als im Vorjahresmonat. Die Einschätzungen der Südtiroler Obstbäuer/innen spiegeln den positiven Markttrend wider: Mehr als 90 Prozent sind optimistisch, was die Auszahlungspreise im Jahr 2021 betrifft. Sorgen bereiten aber die möglichen Schäden an der diesjährigen Ernte, die durch den Frost zwischen Ende März und Anfang April entstehen könnten, insbesondere im Bezirk Unterland.

Michl Ebner, Präsident der Handelskammer, betont die Notwendigkeit, die Landwirtschaft zu unterstützen: „Schwierige klimatische Bedingungen wie Anfang April sind eine ständige Herausforderung für unsere Landwirte, die bereits mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten und auf die Nächtigungen in den Urlaub auf dem Bauernhof-Betrieben zu kämpfen haben. Es ist wichtig, den in Schwierigkeiten geratenen Betrieben zu helfen, denn die Landwirtschaft hat nicht nur eine enorme wirtschaftliche und soziale Bedeutung, sondern trägt mit der Qualität ihrer Produkte und der Pflege der Landschaft auch zum positiven Image Südtirols bei.“

Weitere Auskünfte erteilt das WIFO, Ansprechpartner Luciano Partacini, Tel. 0471 945 700, E-Mail: luciano.partacini@handelskammer.bz.it und Nicola Riz, Tel. 0471 945 721, E-Mail: nicola.riz@handelskammer.bz.it.

Nachfolgend die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände:

Georg Kössler, Obmann VOG
„In den VOG-Genossenschaften verläuft die Vermarktungssaison zufriedenstellend. Die rege Nachfrage am Markt sorgt für einen ordentlichen Mengenabbau. Einige wichtige Sorten des Verbandes, beispielsweise der Gala, sind mit April bereits ausverkauft.“

Joachim Reinalter, Obmann des Sennereiverbandes Südtirol
„2020 war zwar coronabedingt sehr schwierig, konnte unter den gegebenen Umständen aber noch zufriedenstellend bewältigt werden. Für 2021 sind die Aussichten äußerst negativ. Die Umsätze sinken drastisch. Gleichzeitig explodieren die Kosten in den Molkereien und bei den Landwirten. Diese Mehrkosten zahlt der Markt jedoch nicht. Die weitere Entwicklung hängt stark von der Dauer der Konsumkrise ab.“

Leo Tiefenthaler, Obmann des Südtiroler Bauernbundes und der Kellerei Tramin
„Ein wichtiges Zeichen war, wieder die Hotels, Restaurants und Cafes zu öffnen. Hoffen wir, dass möglichst bald wieder Gäste kommen, denn sie sind für den Absatz der landwirtschaftlichen Produkte von größter Bedeutung. Ein großer Dank gilt aber auch den einheimischen Konsumentinnen und Konsumenten. Sie achten immer mehr auf heimische Qualität. Ich hoffe, dass wir nun rasch aus der Pandemiekrise kommen. Dann bin ich für die nächsten Monate zuversichtlich.“

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